05. Januar 2023
Arbeitsmarkt des Kreises Paderborn: Jahresbilanz 2022 und Ausblick 2023
Im Jahresdurchschnitt 2022 waren 8.600 Menschen im Kreis Paderborn arbeitslos, und damit 609 Personen bzw. 6,6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt sank im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozentpunkte von 5,3 Prozent auf 4,9 Prozent. Dabei sank die Arbeitslosigkeit im Versichertenbereich (SGB III) von 3.202 um 20,9 Prozent auf 2.533 während sie im SGB II (Grundsicherung) von 6.007 um 1,0 Prozent auf 6.067 Personen stieg.
Unsicherheit bei Arbeitgebern
„2022 haben sich die Corona-Pandemie und damit auch deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt beruhigt. Viele Menschen, die während der Pandemie ihren Job verloren haben, konnten wieder eine Arbeit aufnehmen, wenn auch zum Teil in anderen Bereichen. Dafür hat uns dieses Jahr vor eine neue Herausforderung gestellt: Den Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen“, so Heinz Thiele, Leiter der Paderborner Arbeitsagentur. Der Krieg und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen haben viele verschiedene Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: „Die Ausländer-Arbeitslosigkeit ist im Durchschnitt im Vergleich zu 2021 gestiegen – was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die geflüchteten Menschen aus der Ukraine im Juni in die Betreuung der Jobcenter aufgenommen wurden. Gleichzeitig gehen die neuen Stellenmeldungen zurück, was auf eine gewisse Unsicherheit der Unternehmen hindeutet. Auch die Arbeitgeber wissen nicht, was auf sie zukommt und welche Auswirkungen Sanktionen, aber auch die Energiekrise für ihren Betrieb haben werden und planen deshalb konservativ“, weiß Thiele.
Lokaler Arbeitsmarkt sehr robust
Dennoch kann er mit Blick auf die Entwicklung im Jahr 2022 auch mit Überzeugung sagen: „Unser lokaler Arbeitsmarkt hat sich im Hinblick auf die Vielfalt an Herausforderungen als sehr robust erwiesen. Das zeigt sich auch in Zahlen: Ist die Arbeitslosigkeit zwar im aktuellsten Monat höher als noch 2021, so liegt sie aber weit unter dem Wert von 2020. Das zeigt, dass die Unternehmen versuchen, ihr Personal zu halten – sicherlich auch, weil sie erkannt haben, dass es in Zeiten des Fachkräftemangels schwierig ist, neues Fachkraftpersonal zu finden, wenn die Geschäfte wieder besser laufen. Die Arbeitgeber haben in der Pandemie Erfahrungen gemacht, aus denen sie offensichtlich eine Lehre gezogen haben.“
Der Fachkräftemangel ist das wichtigste Thema für den Agenturleiter, der betont, dass diese Herausforderung nicht nur vorübergehend ist, sondern, dass es im Hinblick auf die noch kommenden geburtenstarken Jahrgänge, die in den Ruhestand gehen, auf Jahre großer Anstrengungen bedarf, um hier gegen zu steuern: „Gerne würde ich beruhigen und sagen, dass die Ausbildung, Qualifizierung und Rekrutierung von Fachkräften im Angesicht der aktuellen Herausforderungen für Unternehmen erstmal eine geringe Priorität einnehmen sollte. Aber das kann ich leider nicht, denn die Realität sieht anders aus: Der demographische und strukturelle Wandel vollzieht sich auch in Krisenzeiten. Wer den Fachkräftemangel jetzt aus den Augen verliert, wird in wenigen Jahren die Konsequenzen zu spüren bekommen. Schon jetzt können wir das gut erkennen: Unser Stellenbestand ist im Jahresdurchschnitt, trotz weniger neuen Stellenmeldungen, gestiegen. Dazu passt auch, dass sich die Vakanzzeit – also die Zeit, die es durchschnittlich braucht, um eine freie Stelle zu besetzen – um 37 Tage oder 23,7 Prozent auf durchschnittlich 193 Tage gestiegen ist. Hier werden die Passungsprobleme besonders deutlich. Durchschnittlich circa 57 Prozent aller offenen Stellen waren in diesem Jahr Fachkraftstellen, rechnet man die höheren Anforderungsniveaus dazu, kommt man insgesamt sogar auf 76 Prozent. Der Bedarf ist riesig, und das Angebot leider bei weitem nicht ausreichend.“
Fachkräftesicherung nicht aus den Augen verlieren
Gerade deshalb betont Thiele in seinem Ausblick auf 2023: „Der Ukraine-Krieg wird sicherlich weiterhin den Arbeitsmarkt in Deutschland und auch vor Ort beeinflussen. Aktuell gehe ich aber davon aus, dass diese Auswirkungen nicht so stark sein werden wie in der Corona-Pandemie. Mit Sicherheit sagen lässt sich das jedoch nicht. Was sich jedoch mit Sicherheit sagen lässt, ist, dass der Fachkräftemangel nicht auf das Ende der aktuellen Krisen warten wird. Er wird weiter voranschreiten, ungeachtet anderer Faktoren. Deshalb empfehle ich Unternehmen, am Ball zu bleiben und die Rekrutierung von Fachkräften sowie die Sicherung des vorhandenen Personals nicht aus den Augen zu verlieren.“
Auch die Agentur möchte 2023 dieses Thema Fachkräftemangel nicht vernachlässigen. Förder- und Qualifizierungsmöglichkeiten stehen bereit, um Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterstützen. „Zeitgleich sind wir mit dem Instrument der Kurzarbeit natürlich weiterhin in der Lage, Arbeitsplätze, wo nötig, zu sichern.“
Jahresbilanz 2022
- Pandemieauswirkungen rückläufig, dafür neue Herausforderungen durch Ukraine-Krieg
- Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt trotzdem unter dem Jahresdurchschnitt 2021
- Zugang von Arbeitslosen stark bedingt durch den Wechsel der ukrainischen Flüchtlinge in die Grundsicherung höher als im Vorjahr
- Stellenmeldungen rückläufig, Betriebe sind zurückhaltend bei Neueinstellungen, halten aber ihr vorhandenes Personal nach Möglichkeit
Ausblick 2023
- Der Arbeitsmarkt wird auch 2023 weiter vom Weltgeschehen und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Konsequenzen geprägt – voraussichtlich aber nicht so stark wie noch während der Pandemie 2020
- Hohe Energiepreise Herausforderung für Arbeitnehmer und Betriebe
- Zusammenhang zwischen schlechter Konjunktur und steigender Arbeitslosigkeit ist weniger ausgeprägt als in der Vergangenheit. Betriebe sind zurückhaltender bei Entlassungen
- Trotz aktueller Entwicklungen ist der Fachkräftemangel weiterhin die wichtigste Herausforderung am Arbeitsmarkt.