16. März 2022
„Wir wollen ein weiteres Nixdorf werden“
Das Paderborner Startup Unchained Robotics macht Automatisierungstechnik einfacher, günstiger und noch effizienter
„Ich hätte nie gedacht, dass Menschen in Deutschland noch so arbeiten“, sagt Mladen Milicevic und zeigt ein Video, in dem mehrere Personen in einer Werkhalle einfachste Bewegungen ausführen und Gegenstände aus einer Kiste auf ein Fließband legen. Dies sei bei weitem kein Einzelfall sagt der Gründer des Paderborner Startups Unchained Robotics: „Außerhalb der Automobilindustrie haben 93% der Firmen noch nie einen Roboter gesehen“, zitiert er das Statistische Bundesamt. Das Problem sei, dass Robotik immer noch als Raketenwissenschaft wahrgenommen werde. „Unsere Vision ist, Robotik einfacher, günstiger und noch effizienter zu gestalten“, sagt Milicevic, „im Prinzip so wie Lego spielen.“ Die Roboter seien dabei teilweise „so einfach wie eine Handyapp“, erklärt Mitgründer und Geschäftsführer Kevin Freise.
Mladen Milicevic: Gründer & Geschäftsführer von Unchained Robotics
Kerngeschäft von Unchained Robotics ist ein Marktplatz, auf dem Unternehmen Roboter, Greifer und Kameras für die Automatisierung von Fertigungsprozessen finden können. Daneben bietet das Startup einen Online-Konfigurator an, mit dem Unternehmen durch Eingabe von Projektparametern passende Automatisierungslösungen inklusive Kostenvoranschlag finden können.
1,7 Millionen Euro Investment
Nach Gründung in der garage33, dem Gründungscenter der Universität Paderborn, und einiger Zeit im Technologiepark hat sich das Startup mittlerweile in der Paderborner Innenstadt angesiedelt. Im Gebäude der ehemaligen Gerichtsklause, einer Ur-Paderborner Kneipe, gegenüber des Amtsgerichts und mit Blick auf den Dom, hat Unchained Robotics zum 1. März 2022 vier Etagen bezogen. Inklusive des alten Kneipenbereichs, in dem künftig vielleicht sogar Roboter Bier ausschenken könnten. „Wir bauen uns hier eine Wohlfühloase mitten in der City auf“, freuen sich die Geschäftsführer, die sich bewusst dafür entschieden haben, den Unternehmensstandort nicht zu verlagern. „In Paderborn und der Region OWL haben wir ein tolles Netzwerk und viel Industrie vor Ort; darauf können wir aufbauen.“
Schubkraft erhielt das Startup kürzlich durch ein Investment von Archimedes New Ventures sowie Born2Grow. Insgesamt 1,7 Millionen Euro brachte die Finanzierungsrunde, mit der Unchained Robotics insbesondere den Vertrieb und Service in Deutschland weiter ausbauen sowie die Plattform technisch weiterentwickeln möchte.
Kevin Freise, Gründer & Geschäftsführer von Unchained Robotics (links) mit Paderborns Bürgermeister Michael Dreier. Fotos: Tobias Vorwerk/WFG
"Paderborn muss einen Hub für Industrie 4.0-Entwicklungen bekommen"
Paderborns Bürgermeister Michael Dreier zieht seinen Hut: „Das ist Startup-Life, wie es besser nicht geht.“ Begeistert von der Szene vor Ort, stellt Dreier monatlich ein Startup auf seinen Social Media-Kanälen vor und lädt gemeinsam mit Wirtschaftsförderer Frank Wolters die Gründerinnen und Gründer zu einem Gespräch ein, um die jungen Unternehmen näher kennen zu lernen. Den Auftakt machte jetzt Unchained Robotics. „Die Resonanz auf meinen Kanälen ist toll“, freut sich der Bürgermeister, der die örtlichen Entwicklungen in der Startup-Szene interessiert verfolgt und mit der kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) Paderborn als attraktiven Gründungs-, Ausbildungs- und Wirtschaftsstandort nachhaltig stärkt und ausbaut.
„Durch den Input junger Gründerinnen und Gründer können wir gezielt Maßnahmen auf den Weg bringen“, sagt WFG-Geschäftsführer Frank Wolters. Wichtig für Unchained Robotics ist an dieser Stelle vor allem die Verknüpfung von Industrie und Office vor Ort: „Paderborn muss einen Hub für Industrie 4.0-Entwicklungen bekommen“, wünschen sich die Gründer, damit die Stadt für noch mehr junge Industrieunternehmen interessant werde. Für sie spielt das Zukunftsquartier dabei eine große Rolle, weshalb sie die städteplanerischen Entwicklungen interessiert verfolgen. Das erklärte Ziel: „Wir wollen ein weiteres Nixdorf in Paderborn werden“, sagt Kevin Freise.
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